Zusammenfassung der Kapitel aus
Bernhard Weßling
Was für ein Zufall! Zum Ursprung von Unvorhersehbarkeit, Komplexität, Krisen und Zeit
2., aktualisierte und erheblich erweiterte Auflage
Kapitel 1
Der Zufall nimmt seinen Lauf
Der Autor schildert zahlreiche Zufälle, die seinen Weg in die Wissenschaft, in die Grundlagenforschung öffnen, in einem kleinen Unternehmen, das er schon sehr früh als Geschäftsführer und Gesellschafter verantwortet. Diese Zufälle führen ihn immer tiefer in wissenschaftlich zuvor wenig beachtete Gebiete. Dort warten überraschende Phänomene auf ihre Entdeckung, die sich als bedeutsam auch für unser aller praktisches Leben entpuppen, nicht nur für die Wissenschaft. Denn zeitgleich mußten zufällig auftretende Krisen bewältigt werden, und „Nachhaltigkeit“ ebenso wie Natur- und Artenschutz ergaben sich zufällig als ständig über allem stehende Themen.
Kapitel 2
Der Zufall ist überall
Anhand von zahlreichen Beispielen aus der neueren Zeit (u. a. Corona-Pandemie), der wissenschaftlichen Forschung, der Technologie, der Wirtschaft, der Geschichte und der Politik kann man erkennen: Es sind die sogenannten essenziellen Zufälle, die den Lauf der Geschichte bestimmen, und das in allen Aspekten des Lebens und der Natur, v. a. der Evolution. Wir beschäftigen uns auch mit bisher von anderen Autoren aus Physik und Philosophie vorgelegten Erklärungen über die Ursachen des Zufalls. Davon abgegrenzt wird der essenzielle Zufall.
Kapitel 3
Kreativität ist Zufall im Gehirn
Zufall findet ständig auch in unserem Gehirn statt. Es gibt ernstzunehmende wissenschaftliche Erkenntnisse, die „Zufallsgeneratoren im Gehirn“ nahelegen. Vielen teilweise berühmten Menschen sind grundsätzliche Erkenntnisse, Entdeckungen und Erfindungen im Traum oder in Situationen gelungen, in denen sie nicht bewusst über das zu lösende Problem nachdachten. Dem Autor gelang die Auflösung eines rätselhaften und zuvor unbekannten Phänomens ebenfalls in einer Situation, in der systematisches logisches Denken nicht möglich war. Auch das Phänomen der Improvisation, vor allem bekannt aus der Jazzmusik, ist nachweislich nur möglich, wenn Kontrollmechanismen des Gehirns wie im Traum ausgeschaltet sind, so dass der Zufall freien Lauf hat.
Kapitel 4
„Gleichgewicht ist gut, Nicht-Gleichgewicht ist schlecht“ – stimmt das?
Die bisher weit verbreiteten Vorstellungen von Gleichgewicht werden diskutiert, auch der Begriff Fließgleichgewicht. Auf leicht verständliche Weise wird die Entropie erklärt und wieso trotz des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik („stetiger Anstieg der Entropie im Universum“) komplexe Strukturen entstehen können. Damit lernen wir die Grundzüge der Nicht-Gleichgewichts-Thermodynamik kennen. Wir verstehen, dass alles um uns herum und wir selbst Nicht-Gleichgewichts-Systeme mit dissipativen Strukturen sind. Sonst wäre auch Mayonnaise nicht steif. „Gleichgewicht bedeutet für Organismen Tod und Verfall.“ (Ludwig von Bertalanffy, Schöpfer des Begriffes Fließgleichgewicht).
Kapitel 5
Fast an der Wissenschaft verzweifelt
Erstaunlicherweise ist die Nicht-Gleichgewichts-Thermodynamik an Universitäten und im Studium kaum präsent, geschweige denn sonst in der Gesellschaft. Dies, obwohl die Begründung für den Nobelpreis 1977 an Ilya Prigogine klar darlegt, wie wichtig diese Theorie für das grundlegende Verständnis unserer Welt ist. Den meisten revolutionär neuen Erkenntnissen der Wissenschaft erging es ähnlich. Ganz anders war die viel kompliziertere Relativitätstheorie schnell anerkannt und steht seither auf vielfältige Weise oft im Zentrum auch populärwissenschaftlicher Artikel und Bücher. Für die unterschiedliche Akzeptanz neuartiger Ideen hat Thomas Kuhn eine Erklärung in seinem Buch Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen vorgelegt: das Paradigma, auf dessen Basis die Wissenschaftler arbeiten.
Kapitel 6
Die Geburt des Zufalls und der Komplexität im Nicht-Gleichgewicht
Anhand charakteristischer Beispiele aus der Biologie (Biochemie, Evolution), dem Wetter, Klimageschehen, komplexen Netzwerken und der Kosmologie („Urknall“) wird die Dynamik und Nicht-Linearität von Nicht-Gleichgewichts-Systemen näher beleuchtet. Es wird klar, dass höhere Organisationsebenen der Materie ihre eigenen, im Vergleich zu niedrigeren Ebenen neue Gesetze entwickeln. Emergenz von Eigenschaften und Gesetzen ist ein wichtiger Aspekt. Das nicht-lineare Verhalten dieser NGG-Systeme ist die Ursache für das Auftreten des Zufalls und die Entstehung von Komplexität. Komplexität und Zufall sind nicht voneinander zu trennen. Abschließend erklärt uns das Phänomen der Dekohärenz, warum die Quanten (Elementarteilchen) mit ihrer Unbestimmtheit den Zufall in der makroskopischen Welt nicht bewirken können. Im Einklang damit steht die neue Theorie von J. Oppenheim, nach der die Gravitation nicht quantisiert, aber eng mit dem Zufall verknüpft ist.
Kapitel 7
Polykrise als Missverständnis und Entropie als Gradmesser für Nachhaltigkeit
Die populäre These „Polykrisen, wie wir sie erleben, hat es noch nie gegeben“ wird kritisch beleuchtet. Es wird untersucht, was „Krisen“ eigentlich sind, wenn wir uns die Eigenschaften von Nicht-Gleichgewichts-Systemen vergegenwärtigen. Wie gehen wir mit den aktuellen Krisen um? Erhält die Biodiversitätskrise neben der Diskussion über das Klima überhaupt angemessene Aufmerksamkeit? Und sind die Maßnahmen, mit denen weite Teile der Gesellschaft und der Politik das Klima stabilisieren wollen, nachhaltig? „Nachhaltigkeit“ ist zu einer leeren Marketingssprechblase verkommen. Es wird vorgeschlagen, Nachhaltigkeit mittels Entropie zu beurteilen. Das wird an industriellen Verfahren zur Entfernung von CO2 aus der Luft sowie zu seiner (chemischen) Nutzung halbquantitativ untersucht.
Kapitel 8
Was können wir tun – und was die Natur?
Nachdem technologische Verfahren zur Klimastabilisierung in Kap. 7 als nicht nachhaltig erkannt wurden, stellt sich die Frage, was statt dessen getan werden kann. Es wird anhand quantitativer Daten gezeigt, dass das Potential der Natur in unterschiedlichsten Naturräumen einschließlich der biologischen Landwirtschaft um Größenordnungen unterschätzt wird. Dementprechend übersehen Gesellschaft und Politik das riesige Potential, mit dem sowohl Biodiversität als auch Klima zugleich stabilisiert werden können, ohne Kollateralschäden in der Umwelt zu verusachen.
Kapitel 9
Was fließt da, wenn die Zeit fließt, und wohin fließt sie?
Zuerst wird diskutiert, was verschiedene Physiker über die Zeit denken: Ist sie eine Illusion? Bedeutet die Zeitlosigkeit der Quanten, dass es die Zeit nicht gibt? Kann sich der Zeitpfeil umkehren? Leben wir in einem von vielen Universen? Wir denken dann darüber nach, was die Formulierung „die Zeit vergeht“ bedeuten könnte. Es wird erläutert, dass die Zeit nicht fließen und nicht vergehen kann. Schließlich wird eine neuartige Hypothese vorgestellt, die die Zeit als emergentes Phänomen durch den Fluss der Entropie beschreibt. Zeit ist somit das Maß für Werden und Vergehen. Diese Hypothese ist experimentell überprüfbar. Sie stellt keinen Widerspruch zur neuen Theorie J. Oppenheims dar, die die Schwerkraft klassisch beschreibt und sie über ein Zufallselement mit der Quantenphysik verbindet. Damit wird verständlich, warum die Frage nach dem Wesen der Zeit mit der nach den Ursachen von Zufall und Komplexität zusammenhängt.
Kapitel 10
Unsere Wahrnehmung der Zeit
Es ist wichtig zu verstehen, dass unsere Wahrnehmung nichts damit zu tun hat, was das Wesen der Zeit ist, ebenso wenig wie unsere Wahrnehmung von Farbe etwas mit der Natur des Lichts oder die von Klang mit der Natur des Schalls. Wir lernen kennen, wie der Körper Rhythmen organisiert, was für Uhren die Zellen haben und wie und wo das Zeitempfinden im Gehirn stattfindet. Zum Schluss wird erläutert, warum viele Menschen im Alter die Zeit als immer schneller vergehend empfinden. Eine enge Verbindung zum Wesen der Zeit (siehe Kap. 9) wird deutlich.