kohlendioxid, Klima und entropie
Abschätzung: Nachhaltigkeit von CO2-Einlagerung oder Nutzung?
Im folgenden wird abgeschätzt, ob CO2–Einlagerung nachhaltig sein kann. Da wird ja auch viel publiziert und geworben, als sei es DAS Allheilmittel gegen Klimawandel.
1. Energieabschätzung
Wir vergleichen die Bildungsenthalpie von CO2 mit dem Energiebedarf, das Gas einzusammeln und in tieferen Erdschichten als CaCO3 einzulagern:
1 Tonne CO2 = 22.727 Mol CO2 entspricht -8,9 Millionen kJ Bildungsenthalpie (molar -393, siehe https://www.seilnacht.com/Lexikon/dhtabell.htm), davon haben wir etwa die Hälfte (also etwa 4,5 Mio kJ) als verfügbare Energie nutzen können, der Rest war „Abfall“ = Entropie.
Die Standardentropie von 1 Tonne CO2 beträgt 5,8 Mio J/K (bei 25°C) (molar 214)
1 Tonne CO2 aus Luft herauszufiltern erfordert 1000 kWh Strom (Quelle: mdr.de*) = 3,6 Mio kJ; das entspricht bei 1/3 Wirkungsgrad 10,8 Mio kJ, also mehr, als an Bildungsenergie im CO2 enthalten ist. *https://www.mdr.de/wissen/co-zwei-aus-der-luft-saugen-100.html
Die „Orca plant Iceland“:
https://www.10xrecovery.org/posts/iceland-orca-co2-capture-technology-vs-trees/ :
„For each ton of CO2 the plant requires 2,000 kWh of heat for the carbon dioxide sequestration process and 650 kWh of electricity to power the fans“
dort weiter unten auf der Seite Kritik der Kosteneffizienz vgl mit Aufforstung
Wärme: 7,2 Mio kJ (fast schon so viel wie Bildungsenthalpie!), wird aber ja nicht mit 100% Wirkungsgrad geliefert!; falls 80% Wirkungsgrad: 9 Mio kJ also = Bildungsenthalpie
+Strom: 2,34 Mio kJ, 33% Wirkungsgrad ==> 7 Mio kJ
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Summe: 16 Mio kJ, fast doppelt so viel wie Bildungsenergie CO2, Energieaufwand 4mal so hoch wie die Menge an verfügbarer und genutzter Energie, die zur Entstehung von 1 t CO2 führte.
Das Argument, man verwende ja regenerative Energie aus der heißen vulkanischen Tiefe Islands, zieht nicht, da man daraus einfach nur Strom machen und den mit hohem Wirkungsgrad nutzen könnte (was in Island auch getan wird, nämlich z. B. zur Aluminium-Herstellung). Es ist also schiere Energieverschwendung und im Gefolge x-fache Entropiesteigerung.
2. Entropieabschätzung
Für die Entropiebetrachtung schauen wir uns zunächst die Entropie der Atmosphäre an, die etwa 0,06% (Gewichtsprozent) CO2 enthält. Da wir oben alles auf 1 Tonne CO2 bezogen haben, bedeutet das, dass wir eine Mischung von CO2 mit ca. 16,7 Tonnen übriger Bestandteile der Luft (Stickstoff und Sauerstoff und sonstige Bestandteile wie Wasser, Spurengase etc) betrachten müssen (dies alles zieht „Orca“ ja auch durch die Filteranlagen).
Die Entropie der CO2 enthaltenden Luft berechnet sich näherungsweise nach der Formel für die Mischungsentropie (vereinfacht für ideale Gase und abgeschlossene Systeme, was wir beides nicht haben, aber es reicht, diese Vereinfachungen anzunehmen, siehe http://wwwex.physik.uni-ulm.de/lehre/gk2-2007/node31.html):

Wir haben näherungsweise 22.727 Mol CO2 (= 1 Tonne) in der Luft vermischt mit ca. 380.000 Mol anderen Luftbestandteilen, wenn diese das gleiche Molekulargewicht wie CO2 hätten. Aber die Mischung aus Stickstoff und Sauerstoff hat geringeres Molekulargewicht, sodass wir in 100 Gew.-% Luft (die 1 Tonne CO2 enthält) etwa 380.000 * 1,5 = 580.000 Mol anderer Luftbestandteile haben.
1 Mol enthält ca 2*1023 Moleküle (das ist die Definition von „Mol“). Wir setzen diese Werte in die obige Formel ein und erhalten
2,6*22.727*ln(NCO2+NLuft)/NCO2 + 2,6*380.000*ln(NCO2+NLuft)/NLuft =
2,6*22.727*2,87 + 2,6*380.000*0,056 = 169.589 + 57.304 = 226.893 J/K
Da wir 1 Tonne CO2 aus der Luft, die diesen Entropiewert aufweist, herausfiltrieren wollen, erniedrigen wir die Entropie von 226.893 J/K auf Null, denn wenn wir reines CO2 bekommen haben, ist dessen Mischungsentropie Null.
Die Verminderung der Entropie (d.h.: der Export von Entropie) verursacht (wegen des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik) eine Erhöhung der Entropie außerhalb der „Orca“-Anlage, und dies zusätzlich zur Entropieerhöhung im Zusammenhang mit der Umwandlung und Bereitstellung der Prozessenergie.
Daran ändert auch das Argument nichts, es handele sich um regenerative Energiewandlung, die man für die CO2-Endlagerung verwenden wolle. Zu der Frage, ob wir tatsächlich über einen Energieüberschuss aus regenerativen Quellen (Wind und Sonne) verfügen, der es uns erlauben könnte, verschwenderisch damit umzugehen, habe ich oben argumentiert.
– Zusätzlich sollten wir aber noch die Entropie berücksichtigen: Die statistische Interpretation der Entropie ist bekannt, sie besagt, dass in einem System, in dem die Entropie ansteigt, die Unordnung zunimmt.
Wir verursachen zweifache Entropiezunahme, durch den Export der Mischungsentropie aus der aufgesaugten Luft heraus (in die Außenwelt) und durch die Bereitstellung der Prozessenergie. Irgendwo auf der Erde wird also die Unordnung steigen, Unordnung ist Abnahme von Komplexität. Diese bemerken wir dann dort, wo wir die Rohstoffe für die Herstellung der Anlagen (mit deren Hilfe wir die Energie bereitstellen) gewinnen und wo wir sie zu den Anlagen verarbeiten: Silizium usw für Solarzellen mit allem elektrischen, elektronischen und mechanischen Drumherum, Lithiumabbau für Batterien, Wasser (große Mengen an Prozesswasser für die Endlagerung), Zement für Windkraft, Stromnetze uvam. Alles erfordert Flächen, die für Biodiversität nicht mehr zur Verfügung stehen. Abbau der Artenvielfalt ist ein Anzeichen für Entropieanstieg.
16. 5. 2023 Dr. Bernhard Weßling